Kultivierung
Leider gibt es heute eine Menge teils widersprüchliche Antworten auf die Frage, welche Vitalpilzprodukte am besten für die Mykotherapie geeignet sind. Manche sagen, dass mit dem Pulver aus dem Fruchtkörper die besten Therapieerfolge zu erreichen seien, andere Experten behaupten, dass nur das Myzel gut wirke. Und dann ist da noch die Meinung, dass es ein Heißwasser- oder Alkoholextrakt sein müsse, denn nur dadurch ließen sich Polysaccharide anreichern, welche dann für die gewünschte medizinische Wirkung verantwortlich seien.
Noch komplexer wird es, wenn man über verschiedene Kultivierungsmethoden spricht, und die daraus entstehenden Vor- und Nachteile auf die Produktqualität. Das Kultivieren von Vitalpilzen ist eine Wissenschaft für sich, und dementsprechend haben sich auch die Anbautechniken in den letzten Jahren stark verändert. Neue innovative Methoden lösen den traditionellen Anbau ab.
Aber: Die Qualität einiger dieser neuen Erzeugnisse ist nicht besser, ihre Entwicklung dient primär der Wirtschaftlichkeit und höheren Rendite.
Es ist offensichtlich, dass es zu diesen Themen eine Vielzahl unterschiedlicher Meinungen gibt. Das ist erstmal in Ordnung, ja sogar bereichernd – verwunderlich ist nur, wie wenig differenziert mancherorts Argumente vorgebracht werden, und wie sehr der Blick auf das große Ganze fehlt, und damit auch auf das Umfassende der Wirklichkeit. In der Realität stellt sich die Kultivierung und Wirkung von Vitalpilzprodukten als sehr komplex dar.
Fakt ist: Im Königreich der Pilze kommen sehr viele und sehr komplexe biochemisch-relevante Substanzen vor, und diese sind an unterschiedlichster Stelle im ganzen Spektrum Pilz angelegt.
Weiter sind nicht einzelne Substanzen für das gesamte gesundheitsfördernde Potential relevant, sondern eine Vielzahl von unterschiedlichen Verbindungen spielen eine Rolle. Ganz entscheidend ist auch die Tatsache, dass der Pilz sein Sammelsurium an Wirksubstanzen nur dann optimal bildet, wenn entsprechende Reiz- und Umgebungsparameter stimmen und bei der Kultivierung beachtet werden. Herrschen diese Wachstumsbedingungen nicht vor, wird der Pilz viele wichtige Substanzen einfach nicht bilden, beziehungsweise zu wenig ausreichend entwickeln.
Hinzu kommt, dass, wenn bei der Herstellung von Vitalpilzprodukten nur der eine oder andere Teil vom Pilzorganismus verwendet wird, entsprechend wichtige Inhaltsstoffe nicht berücksichtigt werden.
Das führt dazu, dass es große qualitative Unterschiede gibt, je nachdem, welcher Anteil des Pilzes zur Herstellung des Produktes verwendet und abhängig davon, wie die Kultivierung und Verarbeitung verlaufen ist. Die Qualität und Wirkung des Endproduktes werden definitiv eine andere sein. Für uns ist das interessant und es lohnt sich, etwas näher auf diesen Sachverhalt einzugehen. Wissen schafft Klarheit!
Begriffserklärung
Bevor wir uns mit dem Extraktionsprozess befassen, sollen ein paar Begriffe aus der Welt der Pilze definiert werden. Das hilft, die Zusammenhänge zu verstehen und sich ein eigenes Urteil zu bilden. Zuerst müssen wir uns dazu etwas mit der Biologie der Pilze auseinandersetzen. Welche Anteile können wir beim Organismus »Pilz« unterscheiden, und was sind die Aufgaben?
Des Weiteren erfahren Sie, unter welchen Bedingungen Pilze ihre typischen Wirksubstanzen bilden und welche Kultivierungsmethoden traditionell und modern angewendet werden. Daraus werden dann Vor- und Nachteile unterschiedlicher Vitalpilzprodukte abgeleitet, und die Frage nach dem optimalen therapeutischen Produkt gestellt.
Fruchtkörper
Der Fruchtkörper vom Großpilz ist der Anteil, der aus dem Boden, den Bäumen oder anderen organischem Substrat wächst. Man kann ihn mit bloßem Auge sehen, sammeln und verwenden. Er ist der eigentliche Fortpflanzungsteil des Pilzorganismus’, so wie die Blüte einer Pflanze. Und so wie Blüten nur während einer bestimmten Jahreszeit blühen, so bildet auch der Pilz seine Fruchtkörper nur unter bestimmten Umständen und Bedingungen.
Häufig spielen Umweltreize und Stressoren eine Rolle. Diese veranlassen den Pilz dazu, den Fruchtkörper zu bilden. Zu diesen Reizen zählen zum Beispiel Hitze oder Kälte, Trockenheit oder Nässe, wenn Nährstoffe fehlen oder wenn andere Belastungen auftreten. Äußere Bedingungen bringen den Pilzorganismus in eine Situation von »reproduzieren oder sterben«, und dieser »Stress« führt häufig zur Bildung der Fruchtkörper.
Die Pilzfruchtkörper, die Sie sehen, sind streng genommen der reproduktive Teil des Pilzes am Ende seines Lebenszyklus. Die Wachstumszeit dieser Fruchtkörper ist je nach Pilzart unterschiedlich. Einige bilden ihre Fruchtkörper in wenigen Tagen aus, andere brauchen viele Monate dazu – somit stellt dies einen relevanten Faktor in der Planung und Kultivierung dar.
Seit Jahrtausenden wird in der Nutzung von Pilzen der Fruchtkörper gesammelt und verarbeitet. Speisepilze werden gegessen, getrocknet oder eingelegt. Als Naturheilmittel werden Pilze in Alkohol eingelegt und Destillate an Patienten verordnet. Einige Hinweise lassen darauf schließen, dass Menschen schon früh versucht haben, Pilze zu kultivieren, teils mit Erfolg, teils weniger. Traditionell gehört der Fruchtkörper zu den am meisten genutzten Anteilen des Pilzes, und noch heute werden in vielen Ländern ausschließlich diese Bestandteile genutzt.
Im Fruchtkörper ist relativ viel Chitin enthalten, ein Stoff, der auch bei gewissen Tieren wie Spinnen und Krebsen vorkommt. Chitin ist ein Ballaststoff, der nicht verdaulich ist, aber mit positiven Wirkungen auf unsere Gesundheit daherkommt. Wenn es um die Verarbeitung eines Fruchtkörpers zu einem Vitalpilzprodukt geht, ist es von Vorteil, diesen ganz fein zu mahlen. Je feiner die Vermahlung ist, desto kleiner ist das Chitingerüst im Pulver. Dadurch entstehen zwei Vorteile; erstens wirkt das Chitin weniger belastend auf das Verdauungssystem, und zweitens werden die mit dem Chitin verbundenen Stoffe besser bioverfügbar für den Organismus. Achten Sie daher beim Kauf eines Vitalpilzproduktes auf die Qualität der Vermahlung, es sollte ganz feines Pilzpulver sein.
Es gibt Porlingsarten, die eine glänzende, lackierte Oberfläche besitzen, was auf das Vorhandensein verschiedener Triterpene hindeutet. Triterpene sind eine weitere, wichtige Stoffgruppe der Vitalpilze. Es gibt sehr viel verschiedene Triterpene, und einige sind medizinisch von beträchtlicher Bedeutung. Sie sind häufig bitter, aber nicht immer, wie etwa beim glänzenden Lackporling (Ganoderma lucidum); dieser besitzt hunderte verschiedene Triterpene und nicht alle davon schmecken bitter, und es ist nicht mal abschließend geklärt, welche dieser Triterpene für die gesundheitsfördernde Wirkung verantwortlich sind. Trotzdem wird mancherorts behauptet, dass nur der bitter schmeckende Ganoderma lucidum eine gute Wirkung hat. Das kann man so leider nicht sagen und Sie sollten vorsichtig gegenüber solchen Aussagen sein. Manches entpuppt sich als Marketingstrategie.
Es steht außer Frage, dass der Fruchtkörper über medizinisch interessante Inhaltsstoffe verfügt. Vorausgesetzt, es handelt sich bei den Vitalpilzen um authentische und ursprüngliche Pilzstämme, die unter optimalen und sauberen Bedingungen gedeihen können. Zusätzlich wichtig sind die pilzspezifische Ökologie und arttypischen Wachstumsreize. Erst dadurch bildet der Pilz seine bekannten und für uns relevanten Inhaltsstoffe. Diese Inhaltsstoffe sind als chemische Antwort auf Umweltreize zu verstehen. Es geht um Eigenschutz, Stoffwechsel, Membranaktivität und Energiegewinnung, und hier muss der Pilz wegen seiner exponierten Stellung in der Natur und für sein Überleben genau diese Stoffe erstellen. Die speziellen Herausforderungen, die sich der Pilz gegenübergestellt sieht, haben zur Bildung medizinisch relevanter Inhaltsstoffe geführt. Diese gilt es in der Kultivierung zu imitieren.
Sporen
Die Pilzsporen sind im Hut der Fruchtkörper in Lamellen oder Röhren angelegt. Pilzsporen sind wie die Samen der Pflanzen wichtige Bestandteile für die Verbreitung und Fortpflanzung. Sporen werden wie der Fruchtkörper nur dann gebildet, wenn entsprechende Umweltbedingungen gegeben sind. Fehlen diese Reize, besteht keine Notwendigkeit, diese zu bilden.
Auch in den Sporen findet man interessante Inhaltsstoffe. Teilweise sind es die Gleichen wie beim Fruchtkörper, es sind aber auch welche dabei, die nur in den Sporen vorkommen. Wenn Sporen zur Herstellung von Produkten genutzt werden, geht es vorrangig um diese speziellen Stoffe.
Myzel
Das Myzel ist die Wachstumsform des Pilzorganismus und der eigentliche Pilz. Das Myzel kann man von Auge als kleine, feine und weißlich gefärbte Pilzfäden noch erkennen. Es durchwuchert Nährsubstanzen und kann sich über viele Quadratkilometer im Erdreich ausbreiten. Das Myzel bildet eine Art Kommunikationssystem zwischen den Pilzen und den Pflanzen, wo es als intelligentes Netzwerk die Steuerung von Aufbau- und Abbauprozessen koordiniert.
Im Myzel finden alle anderen Lebensprozesse mit Ausnahme der Fortpflanzung statt. Dazu zählt das Wachstum, die Speicherung von Nährstoffen, die Bildung von Substanzen für den Stoffwechsel und für den Eigenschutz, einschließlich der Produktion von medizinisch-interessanten Wirksubstanzen wie Antibiotika, antimykotische und antivirale Verbindungen.
Je nach Umgebungsbedingungen und Anforderungen bildet der Pilz ganz unterschiedliche Substanzen, die er für sein Überleben benötigt. So passt er sich an die »soziale« Umgebung und sein Feindbild perfekt an. Dank dieser Strategie hat der Pilz es geschafft, hunderte von Millionen Jahre zu existieren und sich immer wieder den Umständen anzupassen: ein wahrer Überlebenskünstler!
Vor knapp fünfzig Jahren begann die erste kommerzielle Nutzung von Myzel. Mit CS4 gelang es der chinesischen Regierung aus dem Cordyceps Sinensis Myzel zu produzieren. CS4 unterschied sich von CS1, CS2 und CS3 als das am schnellsten wachsende Myzel, und erwies sich somit als geeignet zur Nutzung und Vermarktung. Im Gegensatz zum wildgewachsenen Cordyceps Sinensis hatte dies seine Vorteile.
Die Myzelproduktion war deutlich günstiger, womit die große Nachfrage nach Cordyceps Sinensis zu einem erschwinglichen Preis möglich wurde. Diese Entwicklung eröffnete dann auch ganz neue Perspektiven in der damals gängigen Kultivierungsart von Fruchtkörpern. Myzelproduktion erwies sich als kostengünstiger und auch als sicherer im Vergleich zur traditionellen Fruchtkörperkultivierung.
Immer häufiger wurden auch andere Pilze als Myzel in Flüssignährlösungen kultiviert. Kaufte man das zu Pulver verarbeitete Myzel, war nicht in jedem Fall klar, dass es sich dabei nicht um den Fruchtkörper handelte, sondern eben um das Myzel aus Flüssignährlösungen. Das hätte aber eine Rolle gespielt, denn diese Methode hat ihre Nachteile.
Myzel kann grundsätzlich auf festem Substrat oder in einer flüssigen Nährlösung kultiviert werden. Je nach Kultivierungsmethode, Substrat und Erntezeitpunkt variieren die Inhaltsstoffe dabei beträchtlich. Man kann sich das leicht vorstellen: Findet der Pilz optimale (naturidentische) Bedingungen vor und ist er moderaten Wachstumsreizen ausgesetzt, wird er auch die typischen Wirksubstanzen bilden, die er für die eigene Energiegewinnung und den Selbstschutz braucht. Es sind übrigens genau diese Substanzen, die wir zur Nutzung in der medizinischen Anwendung der Pilze brauchen.
Fehlen diese Umgebungsbedingungen, wird der Pilz weniger dazu angeregt, Inhaltsstoffe zu bilden. Dies ist dann der Fall, wenn Myzel in flüssigen Nährlösungen kultiviert wird. Wie Sie wissen, entspricht eine flüssige Nährlösung nicht den natürlichen Bedingungen, die der Pilz für gewöhnlich in seiner Umgebung vorfindet. Normal wächst das Myzel unserer Vitalpilze in festem Substrat und wird ständig durch seine Umgebung stimuliert.
Es sind genau diese Parameter, die der Bildung von wichtigen Inhaltsstoffen zugrunde liegen. In einem Stahltank zu wachsen und sich von einer flüssigen Nährlösung zu ernähren, ist unnatürlich für den Pilz. Daher überrascht es nicht, dass in Punkto Bioaktivität und Wirkung Einbußen entstehen. Trotzdem haben sich diese Kultivierungstechniken durchgesetzt, allen voran in Asien. Der Grund liegt in den tiefen Produktionskosten und großen Ernteerträgen, was die Rendite deutlich steigert. Leider werden dabei die oben erwähnten Qualitätseinbußen in Kauf genommen.
Eine ganz andere Kultivierungstechnologie hat sich in den letzten zehn Jahren in Nordamerika etabliert. Bei dieser neuesten Generation von Vitalpilzprodukten wird das Myzel auf einem festen Substrat (meist Hirse oder brauner Reis) kultiviert. In speziellen Wachstumskammern mit naturgetreuen Umgebungsbedingungen und Wachstumsreizen muss das Myzel seine Inhaltsstoffe entsprechend den vorherrschenden Widrigkeiten bilden. Würde der Pilz das nicht tun, könnte er nicht überleben. Erst durch die Herausforderung, der sich der Pilz stellen muss, bildet er seine entsprechenden Inhaltsstoffe. Wir kommen zu einem späteren Zeitpunkt darauf zurück.
Geschichte der Kultivierung
Obwohl medizinisch aktive Pilze schon aus der Natur gesammelt und lange verwendet wurden, ist die Kultivierung von Pilzen speziell für die Herstellung von medizinischen Verbindungen eine neue Praxis, die erst seit den späten 1970er Jahren besteht. Von dieser Zeit an gab es eine Reihe bioaktiver »Verbindungen von Interesse«, die aus Pilzen identifiziert wurden, einschließlich Verbindungen aus den Fruchtkörpern, aus dem Myzel und aus der Restkulturbrühe oder festen Substratresten.
Vitalpilze gehören zum Pilzkönigreich
Lange ist bekannt, dass Pilze wirksame, bioaktive Verbindung mit medizinischen Eigenschaften produzieren. Klassische Beispiele dieser aus Pilzen abgeleiteten Klasse von Arzneimitteln sind Antibiotika, wie Penicillin, Statine, welche zur Regulation von Fettstoffwechselstörungen dienen und Cyclosporine zur Immunsuppression.
Andere Beispiele für die Herstellung bioaktiver Pilzverbindungen sind die Bier- und Weinindustrie. In diesen Fällen ist das Substrat Fruchtsaft, Malzextrakt oder eine andere Quelle von Zuckern, Vitaminen und Mineralien, und die verwendete Pilzart ist Saccromyces Cerevisiae, auch Bierhefe genannt. Eine neue Art Vitalpilze medizinisch zu nutzen, war das Herstellen von Auszügen und Konzentrate mittels Extraktionsverfahren.
Das Herstellen von Pilzauszügen – Extrakte
Extrakt ist ein Wort, das viele Möglichkeiten abdeckt. Extrakte sind gewöhnlich aus dem Fruchtkörper oder dem Myzel hergestellt. Durch den Einsatz unterschiedlicher Lösungsmittel werden erwünschte Anteile konzentriert und einige nicht wünschenswerte Anteile reduziert. Je nachdem, welcher Anteil konzentriert oder reduziert werden soll, werden unterschiedliche Lösungsmittel verwendet. Die zwei am häufigsten verwendeten Lösungsmittel sind Alkohol und Wasser. Extrakte neigen dazu, teurer als Rohmaterial zu sein, und sie können entweder potenter oder weniger potent als das Rohmaterial sein, abhängig davon, welche Verbindungen konzentriert werden. Der folgende Abschnitt sollte klären, wie Auszüge gemacht werden, was ihre Anwendungen sind und warum es so viele Missverständnisse gibt.
Anreicherung von Inhaltsstoffen
Beim Extraktionsprozess geht es im Wesentlichen darum, Inhaltsstoffe anzureichern. Zu den besonders wichtigen Inhaltsstoffen zählen die sogenannten Polysaccharide.
Pilzspezifische Polysaccharide mit einer Strukturform von Beta-1,3/1,6-Glucane zeigen, dass sie speziell in unserem Körper aktiv sind und entsprechende immunassoziierte Wirkungen haben. So können sie etwa die Immunreaktion im Körper positiv beeinflussen. Diese Erkenntnis führte zu der Fokussierung auf diese Beta-1,3/1,6-Glucane und der damit verbundenen Erwartung, dass eine bessere Wirkung auf die Systeme vollzogen werden kann, wenn diese Substanzen durch einen Extraktionsprozess angereichert werden.
Um die Polysaccharide anzureichen, erfolgt eine Heißwasser-, Alkohol- oder Fettextraktion; damit ist eine Anreicherung von bis zu 35 % und mehr möglich.
Gleichzeitig ist dabei aber auch ein negativer Effekt eingetreten, denn durch den Extraktionsprozess gehen teilweise Inhaltsstoffe verloren. Unlösliche oder hitzelabile Stoffe »überleben« den Prozess nicht, vor allem wichtige Enzyme, die dann letztendlich nicht mehr im Endprodukt enthalten sind. Eine Extraktion führt zwar dazu, die Menge der Polysaccharide zu erhöhen – aber gleichzeitig müssen wir einen Wirkungs- und Substanzverlust in Kauf nehmen.
Aus einer holistischen Überlegung heraus ist es sinnvoll, dass wir auf der einen Seite alle Inhaltsstoffe, die das Lebewesen Pilz mitbringt, in einem Endprodukt zur Verfügung haben.
Gleichzeitig wollen wir mit einem möglichst hohen Anteil an Inhaltsstoffen arbeiten, was wir durch einen Extraktionsprozess erreichen können. Hier sei bereits angemerkt, dass neuartige und spezielle Kultivierungstechnologie es möglich machen, alle Inhaltsstoffe anzureichern, ohne eine Extraktion durchführen zu müssen. Diese hat den Vorteil, dass wir ein nur geringes Risiko eingehen, Inhaltsstoffe zu verlieren.
Verfahren der Extraktion
Die Extraktion hat in der Kulturgeschichte ihren festen Platz. Seit hunderten von Jahren werden Verfahren in verschiedenen Formen angewandt. Pflanzen oder Pilze wurden in Alkohol, Wein oder Fett eingelegt, um Auszüge daraus herzustellen und Substanzen zu konservieren. In der chinesischen Medizin war das ebenfalls schon immer ein gängiges Prozedere, sodass z.B. ein Speisepilz gekocht und anschließend der »Sut« als gesundes Lebensmittel medizinisch eingesetzt wurde.
Das Herstellen von Extrakten in der Geschichte ist also nichts Neues. Relativ jung ist nur die Erkenntnis darüber, dass gewisse Inhaltsstoffe durch diesen Prozess verloren gehen können. Heute sollen bei der Herstellung eines holistischen Heilmittels alle Stoffe für die Therapie enthalten sein und ein Wirkungsverlust vermieden werden.
Wie werden Extrakte in der Vitalpilzproduktion hergestellt?
Bei Extrakten aus dem Fruchtkörper wird dieser nach der Ernte getrocknet, fein zermahlen und in Alkohol- und/oder Heißwasser eingelegt. Die »Brühe«, die während dieses Prozesses entsteht, wird wieder getrocknet und pulverisiert und stellt dann das Extrakt aus dem Fruchtkörper dar.
Zum anderen haben wir die Extraktion aus dem Myzel. Hier wird das Myzel in einer flüssigen Nährlösung kultiviert. Große, zylindrische Tanks sind mit einer Nährlösung gefüllt und werden anschließend mit Myzel bespritzt. Dieses wächst und wuchert dann in dieser Flüssigkeit sehr schnell, es entsteht eine Masse und diese wird weiterverarbeitet zu einem Pulver. Dieses Myzelpulver wird verkapselt und verkauft – oder es wird aus diesem Pulver erneut ein Extrakt hergestellt (wieder mit Alkohol- und/oder Heißwasser), um dieses dann wieder zu pulverisieren.
Halten wir uns noch mal den Nutzen vor Augen: Unser Interesse ist, gewisse Inhaltsstoffe anzureichern, insbesondere die Polysaccharide, weil wir wissen, dass diese für gewisse Wirkungen (insbesondere auf das Immunsystem) verantwortlich sind. Dies ist auch wissenschaftlich durch Studien belegt.
Studien haben ebenso ergeben, dass das ursprüngliche Pulver (nicht das fertige Extrakt) ebenfalls Wirkungen erzielt. Durch den Einsatz eines Extraktes wird das Immunsystem sehr schnell stimuliert. Nicht das komplexe System unserer Immunantwort; dieses besteht aus sehr komplexen Zellsystemen und die Extrakte (vor allem die Polysaccharide) haben primär einen Einfluss auf das angeborene Immunsystem, insbesondere auf die Makrophagen und die natürlichen Killerzellen. Setzen wir ein Produkt ein, welches nicht einer Extraktion unterzogen wurde, erkennen wir ebenfalls eine Wirkung, aber nicht in der gleichen schnellen Weise, wie bei einem Extrakt. Die Wirkung ist breiter abgestützt, das heißt, das Immunsystem wird sanfter und breiter stimuliert.
Der Einsatz eines Extraktes ist dann sinnvoll, wenn es um eine schnelle Immunantwort geht – das Pulver hingegen, wenn es um eine möglichst holistische Gesamtwirkung des Immunsystems geht.
Wir haben jetzt zwei Produkte: Das eine ist das Pulver, entweder aus dem Fruchtkörper oder aus dem Myzel, oder wir haben ein Extrakt, das ebenfalls aus dem Fruchtkörper oder aus dem Myzel gemacht sein kann. Um eine bessere, holistische Gesamtwirkung zu erzielen und sowohl die Vorteile des Pulvers, als auch des Extraktes zu nutzen, wurden diese Bestandteile zu einem neuen Produkt zusammengemischt. Der Vorteil eines solchen Produktes liegt auf der Hand, ganz perfekt ist aber auch dieses Produkt nicht.
Der Prozess der Extraktion als solches verteuert übrigens das Produkt, es werden größere Mengen des Rohstoffs gebraucht, um die Auslegung durchführen zu können.
Neueste Kultivierungstechnologie: Volles Spektrum Pilz, holistische Gesamtwirkung
Wie oben erwähnt, hat sich in den letzten Jahren in Nordamerika eine ganz neue Art der Kultivierung von Vitalpilzen entwickelt. Bei dieser neusten Kultivierungstechnologie verwenden wir das volle Spektrum des Pilzes. Das ergibt sich allein daraus, dass die interessanten Wirksubstanzen an unterschiedlicher Stelle im Pilz zu finden sind: Im Fruchtkörper, in den Sporen, im Myzel und auch im extrazellulären Raum. Sogar in den Primodien, den ganz jungen Fruchtkörpern, finden wir bereits reichhaltige Stoffe, die therapeutisch genutzt werden können.
Eigentlich entsprechen alle diese Anteile dem gesamten Lebewesen, und wenn wir nun dieses gesamte Lebewesen Pilz nehmen und daraus ein Produkt herstellen, haben wir letztendlich aus allen diesen verschiedenen Anteilen die verschiedenen Inhaltsstoffe und ein Produkt, das entsprechend der holistischen Wirkung am Umfangreichsten ist.
Das ist nochmals ein großer qualitativer Unterschied zu den oben skizierten Produkten, die aus einer Mischung aus Pulver und Extrakt bestehen.
Es gilt zu beachten, dass der Pilz nur dann seine wertvollen Inhaltsstoffe bildet, wenn er seine natürliche Umgebung vorfindet. Er muss beispielsweise auf einem festen Substrat wachsen. Für den Pilz ist es untypisch, in einer Flüssigkeit zu wachsen, das entspricht nicht seiner natürlichen Umgebung.
Wächst der Pilz aber auf einem Festsubstrat und wird entsprechenden Wachstumsreizen ausgesetzt (wie Temperatur, Bodenbeschaffenheit, Substratbeschaffenheit, Lichteinwirkung, Sauerstoffgehalt, Temperaturabsenkung…), kann er seine Inhaltsstoffe produzieren. Wie Sie wissen, wird der Pilz in »natürlicher« Umgebung aufgrund der schwierigen Verhältnisse sehr herausgefordert. Bakterien und Verfall machen ihm das Leben schwer. Der Pilz braucht demnach einen Eigenschutz, der erst dann gebildet wird, wenn die Umgebungsparameter dieses von ihm fordern.
Kommen wir noch mal auf die Myzelproduktion, die in einem Stahltank abläuft, zurück. Wenn Sie sich diese Art der Kultivierung vor Augen führen, werden Sie leicht feststellen können, dass dies nicht der natürlichen Umgebung des Pilzes entspricht. Die wichtigen Wachstumsreize und Bedingungen kommen nicht vor. Fehlen dem Pilz diese Reize, wird er seine natürlichen Inhaltsstoffe nicht gleichermaßen bilden können.
Bei der neuen Pilzkultivierungstechnologie aus Nordamerika (bei der das volle Spektrum des Pilzes für die Endproduktion verwendet wird (»whole-life-cycle«)), wurde das Erstellen eines »fingerprints« forciert, ein datentechnischer Fingerabdruck, bei dem alle wichtigen Parameter gesammelt und in einer Kultivierungsanlage abgebildet und simuliert werden. Dort wird ein festes Substrat genommen und der Pilz wird darauf kultiviert – und zwar eine ganze Zeit lang. Zeit ist generell ein wichtiges Kriterium, damit der Pilz die Chance hat, alle seine Inhaltsstoffe zu produzieren.
Bei dieser neusten Kultivierungstechnologie wird auch die »extrazelluläre Matrix« verwendet. Dort befinden sich extrazelluläre Verbindungen, sogenannte sekundäre Metaboliten. Diese haben eine Reihe von positiven Wirkungen auf unseren Organismus.
Dieser Begriff will erklärt werden: Bei einem Substrat, zum Beispiel Hirse, das mit Myzel beimpft wird, findet die Verdauung des Pilzes nicht im Inneren, sondern außerhalb des Pilzes statt, indem Verdauungsenzyme an die Umgebung abgegeben werden. Die Umgebung wird in dem Fall als extrazellulärer Raum bezeichnet, für den Pilz ist das der allerschwierigste Ort, denn hier gibt es Fressfeinde, Bakterien und Parasiten, die um den Pilz konkurrieren – gegen diese muss er sich behaupten, also Stoffe bilden, die Schutz und Abwehr gewähren.
Als Beispiel haben wir eine Substanz, die in diesem extrazellulären Raum entsteht, und zwar Penicillin. Dieses ist ein sekundäres Stoffwechselprodukt (»sekundäre Metabolite«), auch wenn wir es in der Regel eher als Antibiotikum kennen. Und genau solche hochinteressanten Wirksubstanzen werden nur hier, im extrazellulären Raum, gebildet, beziehungsweise stehen uns nach der Verarbeitung dieser Pilze als Wirksubstanzen zur Verfügung.
Noch mal: Die Hirse wird mit dem Pilzmyzel beimpft, dieses wächst in das Substrat hinein und gibt seine Verdauungsenzyme nach außen in den extrazellulären Raum ab, das Gleiche geschieht mit sekundären Metaboliten, die für uns interessant sind, da wir sie therapeutisch nutzen können.
Bei der neuen Kultivierungstechnologie wird nun gewartet, bis das Myzel das Substrat (Hirse) komplett verdaut hat, dies geschieht qualitativ zu 99%. Dadurch ist der Substratblock letztlich ein Myzelblock. Die extrazellulären Komponenten sind nun im Myzelblock enthalten – und das ist ein großer Unterschied zu einem Myzel, das in einem flüssigen Medium gewachsen ist.
Durch die Verwendung des vollen Spektrums (Fruchtkörper, Myzel, extrazelluläre Matrix, Primodien) ergibt sich ein holistisches Produkt, in dem alle Inhaltsstoffe durch die entsprechende Kultivierungstechnologie angereichert sind. Die passenden Wachstumsreize wurden gesetzt und der Pilz konnte sich entwickeln – und durch den extrazellulären Raum haben wir Inhaltsstoffe, die durch herkömmliche bisherigen Kultivierungstechnologien nicht zur Verfügung gestanden hätten.
Zu den Möglichkeiten, die diese Kultivierungstechnologie mit sich bringt, sei unbedingt erwähnt, dass durch Modifikation der entsprechenden Umweltreize im Labor die Inhaltsstoffe noch besser und potenter entwickelt werden konnten. So konnten u.a. die Polysaccharide in einen Bereich bis zirka 33 % angereichert werden – ein Durchbruch!
Ohne ein spezielles Extraktionsverfahren ist es möglich geworden, die Polysaccharide auf ein Niveau anzureichern, das unter normalen Umständen nur unter einem Extraktionsprozess zustande gekommen wäre (mit den bekannten Nachteilen…)
Zusammengefasst können wir bei dieser neuen »whole-life-cycle«-Technologie davon sprechen, dass wir einerseits alle Inhaltsstoffe des gesamten Spektrums haben (Fruchtkörper, Primodien, Myzel, extrazelluläre Matrix), und andererseits diese Inhaltsstoffe in einer mehr als zufriedenstellenden Menge vorhanden sind, da wir keinen Wirkungsverlust erleiden.
Dadurch entstand ein Produkt, das in Bezug auf Wirkung, Stärke und holistische Gesamtwirkung momentan die neuste Generation der Vitalpilze darstellt – was dem Beginn einer neuen Ära gleichkommt!
Fazit
Wie Sie gesehen haben, stellt das Kultivieren und Verarbeiten von Vitalpilzen eine Kunst dar und ist sehr wissensintensiv. Das Kultivieren von Vitalpilzen hat sich in den letzten zehn Jahren stark modernisiert und verbessert, sodass uns heute eine große Auswahl verschiedener Vitalpilzprodukte zur Verfügung steht.
Qualitativ gibt es bei den Produkten große Unterschiede, entsprechend sollte man sich vor dem Kauf informieren und fragen, welchen Prozess das Produkt im Voraus durchlaufen hat. Es lohnt sich, für den Einsatz eines Vitalpilzproduktes ein hochqualitatives Produkt zu verwenden, das über eine entsprechende Wertigkeit und Bioaktivität verfügt. Dies hat dann auch seinen Preis; Vitalpilze lassen sich nicht günstig produzieren. Daher sollten Sie auch skeptisch gegenüber »billigen« Produkten sein. Meistens handelt es sich dabei um minderwertige Qualität. Sollten Sie Fragen zur Qualität von Produkten haben, wenden Sie sich an die Gesellschaft für Vitalpilzkunde Schweiz (www.gfvs.ch).
Das Ziel für Sie mit diesem Kapitel war, dass Sie die Kompetenz erlangen, selbständig entscheiden zu können, auf welche Qualitätsmerkmale Sie besonders Acht geben und worauf Sie achten wollen, bevor Sie ein Produkt erwerben.
Biologische Qualität von Vitalpilzen
Wie im vorherigen Kapitel zu sehen, gibt es große Unterschiede bei der Kultivierung von Pilzen und deren Qualität. Da Sie dieses Buch in den Händen halten, gehen wir davon aus, dass Sie Vitalpilzprodukte auch für sich selber einnehmen möchten. Daher scheint es angebracht, ein paar Worte über die Qualität von Vitalpilzprodukten zu sagen.
Qualitätskriterien zu verstehen ist für den Laien nicht ganz einfach. Es gibt aber Merkmale, die dabei helfen, die Qualität von Produkten einzuordnen; eines dieser Merkmale ist die sogenannte »Biozertifizierung«.
Im nachfolgenden Text möchten wir aufzeigen, um was es im Wesentlichen bei der biologischen Landwirtschaft geht, und was das mit Pilzen zu tun hat. Wir sind der Meinung, dass es gerade in Bezug auf Pilze und Vitalpilzprodukte, wegen ihrer Eigenschaft, Schwermetalle und Verunreinigungen aus der Umgebung aufzunehmen, wichtig ist, biologische Produkte zu bevorzugen. Lesen Sie dazu mehr über den Grundsatz des biologischen Anbaus.
Grundgedanke der Bioqualität
Bioqualität garantiert einen ganzheitlich respektvollen Umgang mit der Natur. Der Grundgedanke des biologischen Anbaus ist die Erhaltung natürlicher Systeme und das Arbeiten im Einklang mit der Natur. Die Förderung natürlicher Lebensprozesse und Nährstoffkreisläufe sowie lebendiger Ökosysteme, der sorgsame Einsatz von natürlichen Ressourcen und schonende Verarbeitungsverfahren bilden die Basis für ein umfassendes und ganzheitliches Gesundheitsverständnis für Pilze, Tiere, Pflanzen und Menschen.
Bei natürlichen Lebenskreisläufen spielen Vitalpilze eine wichtige Rolle. Dafür werden sie seit Jahrtausenden in der traditionellen Medizin sehr geschätzt. Die biologische Landwirtschaft verzichtet konsequent auf chemisch-synthetische Pestizide und Düngemittel, und auch für die Verarbeitung von Erzeugnissen der Biolandwirtschaft gelten strenge Regeln, die möglichst naturnahe und rückstandsfreie Produkte garantieren.
Da Pilze bei der Verstoffwechselung ihrer Nahrung die Eigenheit haben, darin enthaltene Giftstoffe (zum Beispiel Schwermetalle) anzureichern, ist es umso wichtiger, dass die Nährmedien ökologisch unbedenklich und nicht verunreinigt sind. Dafür garantiert der Bioanbau, indem er Richtlinien für die Nährsubstrate vorschreibt.
Wo bio draufsteht, sollte bio drin sein.
Dafür sorgt die Schweizer Bioverordnung mit ihrem engmaschigen staatlich-überwachten Kontrollsystem. Die Schweiz ist ein Pionierland im biologischen Anbau, und pflegt ein hochstehendes Wissen, sowohl im Anbau, als auch in der Kontrolle und Zertifizierung. Seit 1997 ist der Begriff »bio« durch die Schweizer Bioverordnung staatlich geschützt. Mittlerweile haben sich viele Länder, darunter alle Länder der EU und die Vereinigten Staaten von Amerika, auf einen einheitlichen Biostandard geeinigt. Wer in der Schweiz den Begriff »bio« verwendet, muss die Schweizer Bioverordnung einhalten, sowie sich einem Kontroll- und Zertifizierungsverfahren unterziehen. Sämtliche Betriebe werden jährlich kontrolliert. Verstöße gegen die Bioverordnung ziehen rechtliche Konsequenzen nach sich.
Wir sind der Meinung, dass bei einem biologischen Anbau das Bewusstsein für einen schonenden Umgang mit natürlichen Ressourcen vorhanden ist. Diese innere Haltung und Verantwortung gegenüber der Natur hat einen positiven Einfluss auf die Qualität der daraus erzeugten Naturheilmittel; im Grunde genommen eine logische Folge.
Gerade bei einem Naturheilmittel sollten Sie deshalb großen Wert auf eine biologische Qualität legen.